Energiekrise - Anreiz für mehr Effizienz?
Was die Industrie jetzt tun kann
Episode 2/4

Energiekrise: Eine Frage der Effizienz?

Die Industrie starrt gebannt auf die aktuelle Lage der Gasversorgung im Land. Besonders gefragt ist die Information über den Füllstand der Gasspeicher. Maßnahmen, die Unternehmen selbst umsetzen können, um die Energieversorgung zu sichern, betrachten bislang zu wenige. Genau hier lässt sich aber einiges tun, um aus der Gas-Abhängigkeit zu kommen. Wir haben mit Dr. Sebastian Weckmann vom Fraunhofer Institute for Manufacturing Engineering and Automation IPA und Helge Vandel Jensen von Danfoss Drives über die Energieversorgung von heute und morgen gesprochen. Hören Sie die zweite Folge der Podcast-Staffel "Energiekrise – Anreiz, unsere Effizienz zu steigern?" oder lesen Sie das Interview mit den beiden Experten auf dieser Seite. Haben Sie eine Folge verpasst? Hier gelangen Sie zum Staffelüberblick von Drehmoment – Der Antriebspodcast von Danfoss Drives.

Drehmoment - Der Antriebspodcast | Episode 15

Im Interview zur Energiekrise: „Das Thema Energie wird uns nicht mehr loslassen.“

Folge 2/4 von der Podcaststaffel 'Energiekrise - was nun?!'

Kommt der kalte Gas-Entzug? Wie geht es weiter, was sollten wir jetzt tun?

Jensen: Ich denke, wir müssen mehr und mehr über andere Lösungen für die Energieversorgung der Industrie nachdenken und verstärkt auf Maßnahmen für mehr Energieeffizienz setzen. Denn obwohl viele Industrien und auch viele Privatverbraucher in Energiesparmaßnahmen investiert haben, gibt es meiner Meinung nach immer noch viel Potenzial. Und das gilt sowohl für Gebäude, wie auch für industrielle Prozesse. Der nächste Schritt, den wir also machen müssen, ist wirklich auf Energieeffizienz zu schauen und unsere industriellen Prozesse daraufhin zu optimieren.

Das heißt, Danfoss verkauft mehr Frequenzumrichter

Jensen, lachend: Ich möchte mehr Frequenzumrichter verkaufen, denn damit können Anwender deutlich Energie sparen. Aber es gibt ja auch eine ganze Menge anderer Effizienzoptimierungen, die sich in Anlagen umsetzen lassen. Verlustwärme ist ein großes Thema: Wir sollten stärker darauf hinarbeiten, dass wir sie für andere Prozesse nutzen.

Weckmann: Verlustwärme ist ein wichtiger Baustein für mehr Effizienz und weniger Energieverbrauch. Abwärme zu nutzen, ist in der Industrie der richtige Weg. Ich sehe das genauso wie Helge: Hier liegt ein Riesenpotenzial, das in der Industrie noch schlummert. Aber natürlich auch in allen anderen Sektoren, also beispielsweise im Verkehr und im Gebäudebereich. Der Ausbau von Fernwärme und die enge Verzahnung von Industrie und Gesellschaft ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Haben wir die Energieeffizienz jahrelang vergessen?

Weckmann: ‚Vergessen‘ ist nicht das richtige Wort. Ich würde sagen, wir haben sie vernachlässigt. Wenn man sich die Investitionen in die Energiewende anschaut, dann fließt einfach ein Großteil des Geldes in den Ausbau erneuerbarer Energien beziehungsweise in die Netzinfrastruktur. Nur ein sehr geringer Teil fließt tatsächlich in Investitionen in Energieeffizienz, insbesondere in der Industrie. Meiner Meinung nach ist das ein sehr wichtiger Aspekt und den Preis für die Versäumnisse der letzten 10 Jahre zahlen wir heute.

Seit Jahren erklärt Danfoss dem Markt die Vorteile von energieeffizienten Anwendungen und Prozessen. Es stellt sich die Frage: Wollte man es in der Industrie nicht hören?

Jensen: Ich denke, es hängt eher damit zusammen, dass der Energiepreise nicht so besonders hoch waren. Das hat sich jetzt sehr schnell geändert, und für uns alle ist ganz klar: Wir müssen nun handeln und nachjustieren. Natürlich wünschen sich die meisten Unternehmen, dass sich ihre Investitionen in Energieeffizienz in einem oder zwei Jahren rechnen, aber ich persönlich denke, dass auch eine Spanne von drei Jahren eine gute Sache ist.

Energiekrise: Mehr Effizienz nötig

Wie energieeffizient ist die Produktion bei Danfoss?

Jensen: Auch wir haben uns intern nochmal all unsere Bereiche angesehen. Ergebnis: Wir haben es geschafft, nochmals unseren Energieverbrauch, um die 30 Prozent zusätzlich zu senken. Was wir optimiert haben, ist zum Beispiel unsere Wasserversorgung. Früher haben wir unsere Werke mit 140 Grad heißem Wasser versorgt. Dann haben wir festgestellt, dass es nur ganz, ganz selten vorkommt, dass wir diese hohe Temperatur brauchen. Das haben wir dann geändert. Wo wir keine hohen Temperaturen brauchen, fahren wir nun mit 70 Grad. Außerdem haben wir ein firmeninternes Fernwärmesystem in unserer dänischen Zentrale, das mit dem öffentlichen Fernwärmesystem verbunden ist. Dann haben wir auch unser ganzes Ventilationssystem für die Fabriken optimiert. Und aus unserem internen Rechenzentrum nutzen wir die Verlustwärme für das Fernwärmenetz.

Herr Weckmann, ist Energieeffizienz in den Chefetagen angekommen?

Energieexperte Sebastian Weckmann im Antriebspodcast zur Energiekrise

Weckmann: Also das Thema Energie hat insbesondere in den letzten drei Jahren an Fahrt aufgenommen. Eigentlich ab dem Zeitpunkt, an dem die Schüler freitags nicht mehr in die Schule gegangen sind, sondern auf die Straße zum Demonstrieren. Da ist ein enormer gesellschaftlicher Druck entstanden. Das hat zu einem Umdenken in den Unternehmen geführt. Hinzu kommen jetzt nochmal die extremen Energiepreissteigerungen. Sie müssen bedenken, dass viele Unternehmen gar nicht in der Lage sind, die steigenden Energiekosten eins zu eins an ihre Kunden weiterzugeben. Sie reduzieren momentan in erster Linie ihre Gewinnmarge. All das führt dazu, dass das Thema mittlerweile sehr präsent in den Unternehmen ist. Es gibt selbstverständlich Unternehmen, die sich bereits sehr, sehr lange mit dem Thema Energieeffizienz beschäftigen und auch sehr gut darin sind, ihre Prozesse zu optimieren. Diese Unternehmen haben in ihrem Kostenmix zumeist einen hohen Energiekostenanteil. Es gibt aber auch Unternehmen, die sich vielleicht schon länger mit dem Thema befassen, aber noch keine verbindlichen Schritte eingeleitet haben, da sie die Energiekosten bislang nicht so sehr gedrückt haben. Was es jetzt braucht ist mehr Verbindlichkeit beim Thema Energieeffizienz in diesen Unternehmen. Sie müssen Maßnahmen ergreifen und umsetzen. Natürlich ist völlig klar, dass das die Unternehmen auch vor große Herausforderungen stellt.

Ist man jetzt bereit, Geld auszugeben?

Weckmann: Ja, das würde ich schon sagen. Die Unternehmen sind bereit für mehr Effizienz Geld auszugeben. Auf der anderen Seite stecken wir aber gerade jetzt auch in einer Krisensituation und dazu gehört auch eine gewisse Risikozurückhaltung – eine Art Absicherungsstrategie. Aber wir stellen auch fest, dass viele Unternehmen bereit sind, tatsächlich jetzt auch strategische Investitionen zu machen, um morgen besser dazustehen. Es geht ihnen vor allem darum, in Zukunft noch besser zu werden. Denn eins ist klar: Das Thema wird uns nicht mehr loslassen. Es wird uns jetzt begleiten, vermutlich für immer.

Das komplette Gespräch hören Sie wie immer im Antriebspodcast Drehmoment von Danfoss Drives.

Energiekrise - Anreiz für mehr Effizienz?
Alle Episoden der Podcaststaffel auf einen Blick

In der Podcaststaffel "Energiekrise – Anreiz für mehr Effizienz?" gehen wir auf Energie-Effizienz-Reise – vom grünen Wasserstoff über Speichertechnologien bis hin zur DC-Versorgung in der Industrie. Dafür haben wir uns jede Menge Energie-Experten eingeladen. Sie erklären, wie sich die Industrie für die nächsten Jahre technologisch aufstellen muss und was energiepolitisch getan werden sollte.

In Folge 1/4 der Staffel hören Sie Podcast-Gastgeber Robert Weber. Er fragt sich, wie wir in die aktuelle Situation schlittern konnten – wo doch Technologien und auch politische Anreize für mehr Energieeffizienz und den Einsatz grüner Energie seit langem vorhanden sind. Dabei lässt er Gäste aus den vorherigen Podcast-Folgen nochmal zum Thema Energie und Innovation zu Wort kommen.

Alle Welt redet über grünen Wasserstoff: Auch Gastgeber Robert Weber spricht in Folge 3/4 der Staffel mit Jochen Bard vom Fraunhofer Institut über diesen besonderen Energieträger. Wird Europa zum Wasserstoff-Champion durch Eigenproduktion? Oder werden wir grünen Wasserstoff importieren? Wenn ja, woher und wie lässt er sich transportieren? Danfoss-Experte Damir Alihodzic ergänzt mit Fachwissen rund um die Herstellung des Wasserstoffs, der sogenannten Elektrolyse. Er weiß, welche Technologie in den großen Elektrolyseuren steckt und teilt dieses Wissen in der Podcast-Folge mit Ihnen.

Zu guter Letzt bietet das Staffelfinale mit Egon Schubert von Innofas und Reiner Kaiser von Danfoss Drives einen sehr guten und tiefen Einblick in die Welt der dezentralen Speichertechnologie. Wie ist es um die Stabilität unseres Stromnetzes bestellt? Was können Speicher hier beitragen? Wie und vor allem wie schnell können Unternehmen dezentrale Speicher einbinden? Das diskutiert Gastgeber Robert Weber in dieser Folge mit seinen Gästen.

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